Wenn Sie die Wahl hätten, die 100 wichtigsten Dinge aufzulisten oder die 100 sinnlosesten, wofür würden Sie sich entscheiden? Wahrscheinlich für die sinnlosen, denn nutzlose Dinge gibt es deutlich mehr als sinnvolle und die Liste würde bald die 100 überschreiten.

Doch auch ohne Listen zu erstellen wird schnell klar, dass uns Dinge, die niemand braucht, fast täglich und überall begegnen. Leider trifft das in besonderem Maße für Firmen-Software zu. Die Rede ist von Features oder besser gesagt, von dem erschreckenden Ausmaß, in dem sie Überhand nehmen. Sie infizieren Programme wie Viren Computer und entwickeln sich in kürzester Zeit zu einer ernsthaften Krankheit: Featuritis. Bis heute gibt es weder Chancen auf Heilung noch ein wirksames Gegenmittel. Das einzige, das hilft, ist Widerstandskraft. Einige wenige haben sie und Sie werden erstaunt sein, wer dazu gehört – wie Horace Dediu uns wissen lässt:

We were witnesses to apps which appeared to be designed for users[!] They were not designed for committees that prepare checklists of requirements. We must applaud IBM for having the courage to resist the featuritis which plagues enterprise software design. This resistance requires saying No to those who specify and are thus authorized to purchase software and hardware. IBM has had to essentially say no to those who buy and yes to those who are paid to use. The quality of the experience is evident at first sight. The number of user actions, the number of screens to wade through have been ruthlessly culled. These are concepts and ideas which now permeate app design best practices. Yet they are practices which still elude the spec-driven enterprise software wastelands.

Im Wesentlichen basiert auf dieser Denkart auch die Philosophie von Scope. Als wir 2006 mit der Entwicklung begannen, war eine meiner größten Sorgen, dass wir damit den gefürchteten „Second-system effect“auslösen. Mit Procars hatten wir ein erfolgreiches, perfekt funktionierendes Produkt im Markt und es war keine leichte Entscheidung, die Annahmen, die sich über viele Jahre manifestiert hatten, in Frage zu stellen.

Dennoch entschieden wir uns, mit Scope bei Null zu beginnen. Von Anfang an und ausschließlich mit dem Usernutzen im Zentrum unserer Überlegungen. Leistungsmerkmale, die nur für „grosse“ Kunden wichtig erschienen, wurden beseitigt: Die Eingabemasken wurden von überflüssigen Details befreit und sind auch nicht mehr beliebig veränderbar. Ansprache und Reaktion der Komponenten wurden für alle Anwendungen vereinheitlicht. Die Verwaltung von globalen Stammdaten (Länder, Orte, Währungen, Steuern) wurde aus der Verantwortung des Benutzers in eine zentral verwaltete Wissensdatenbank verlagert.

Aktuell befinden wir uns im Jahr 9 von Scope. Seit den bescheidenen, aber nichtsdestoweniger engagierten Anfängen im Jahr 2006 sind eine Vielzahl – nützlicher und notwendiger – Features und Funktionen dazugekommen. Doch immer noch stellen wir uns bei jeder Anfrage nach Feature- und Funktionserweiterung selbstkritisch die Frage: „Ist das wirklich notwendig?“ – „Hilft es dem User?“ – „Gibt es eine bessere Alternative?“ Und immer noch sagen wir „Nein!“ oder „Vielleicht“ zu einer Vielzahl von – vermeintlich notwendigen – Erweiterung- und Ergänzungswünschen. Nein zu sagen fällt nicht immer leicht und bereitet auch nicht selten Schwierigkeiten. Aber wir wollen und werden unserer Philosophie treu bleiben – wenn etwas keinen Sinn ergibt, ist es auch nicht notwendig. Die einfachen Dinge einfacher und die schwierigen möglich machen, lautet unsere Devise. Ansonsten ist es kein Feature, sondern ein Erreger, der leicht eine ausgewachsene Epidemie auslösen kann.

Unabhängig davon sind wir als zuverlässiger und kooperativer Partner unserer Kunden immer offen für Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Die Idee von Scope basiert ja in ihrem Wesen auf den Bedürfnissen und damit auf dem Input von Usern. So gesehen ist Scope im Prinzip nichts anderes als die ständig zunehmende Zahl von Verbesserungen. Folglich werden wir auch weiterhin in alle notwendigen Ressourcen investieren, um kontinuierlich „Innovation in Logistics“ zu liefern. Nur so können wir unserem Anspruch gerecht werden, das Arbeitsleben unserer Kunden leichter und damit freundlicher zu gestalten. Darum werden wir auch in Zukunft allen Versuchungen, der Featuritis zu erliegen, widerstehen.

Referenzen

Digitale Logistik mit dem Menschen im Mittelpunkt